Seit Jahrzehnten wird der Rückgang bei den Vögeln der offenen Agrarlandschaft beobachtet. Natürlich hängt das auch mit dem Insekten-Schwund zusammen. Denn nahezu alle Vogelarten sind mindestens in ihrem Jugendstadium auf Insekten angewiesen. Dass wir über die Entwicklung des Bodenlebens so wenig wissen bedeutet leider nicht, dass es vom Artensterben ausgenommen wäre.
Die Belebtheit des Bodens ist jedoch Grundvoraussetzung für die Eigenschaften von Böden, auf die wir bei der Nahrungsproduktion angewiesen sind: das Zurverfügungstellen von Nährstoffen, die Aufnahme von
Wasser, dessen Speicherung und damit die Vorratshaltung für trockene Zeiten.Die Art der Landbewirtschaftung, die konventionell heißt, weil sie zum Normalfall geworden ist und die wir auf dem Großteil der Ackerflächen vornehmen, beschädigt diese Eigenschaften massiv. Durch extrem verkürzte Fruchtfolgen, durch schwere Maschinen und durch den Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden.
Der Anbau von nur noch wenigen - mitunter sogar Jahr für Jahr denselben - Pflanzen und die kontinuierliche Vergrößerung der Flächen prägen unsere Agrarlandschaften. Dadurch entstehen instabile Systeme, die nur durch immer intensiveren Einsatz chemischer Krücken aufrechterhalten werden können. Beobachtbar ist das am über die letzten Jahrzehnte kontinuierlich ansteigenden Einsatz von Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen pro Hektar Anwendungsfläche.
Zwar werden anwachsende Maschinengewichte durch breitere Reifen mit niedrigerem Druck kompensiert, die Verdichtung tieferer Bodenschichten kann dadurch jedoch nicht verhindert werden. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Flächen bei ungünstigen, also zu feuchten, Bedingungen befahren werden. Beides, die zu geringe Vielfalt der Kulturen und die Bodenverdichtung vermindern die Wasseraufnahmefähigkeit der Böden spürbar. Welche Folgen der Einsatz naturfremder Substanzen mit der Pflanzenschutz-Spritze auf das Bodenleben hat, ist bislang nur sehr wenig untersucht worden. Dass das berüchtigte Glyphosat hier negative Wirkungen hat, ist jedoch gut dokumentiert. Es wäre ja auch erstaunlich, wenn Stoffe, auf die die Evolution all die Organismen auf und unter dem Boden nicht vorbereitet hat, immer nur und ausschließlich auf die Organismen wirken würde, die sie abtöten sollen.
Weil im Ökolandbau weder die Nährstoffergänzung durch schnell wirksame Düngemittel noch die Korrektur ackerbauliche Fehler durch Produkte der Chemieindustrie erlaubt sind, ist er auf einen lebendigen und fruchtbaren Boden angewiesen. Viele seiner Praktiken (der Verzicht auf den schnell löslichen Stickstoffdünger und auf chemisch synthetische Pflanzenschutzmittel, vielfältige Fruchtfolgen, Anbau von Kleegras und anderen Leguminosen, Einsatz organische Düngemittel) erhalten und erhöhen die Bodenfruchtbarkeit. Es gibt also in beiden Anbausystemen viel Verbesserungsnotwendigkeit.
Wenn es uns nicht gelingt, unsere Landnutzung so zu organisieren, dass wir unsere wertvollste Produktionsgrundlage - den fruchtbaren Boden - nicht weiter schädigen, wird künftigen Generationen die Grundlage entzogen, ihre Nahrung zu erzeugen. So weit darf es nicht kommen!